Mittwoch, 23. Mai 2012

Das Zerlegen

Leider habe ich das Auseinandernehmen bereits abgeschlossen, bevor mir die Idee kam es hier online festzuhalten, aber im Prinzip ist das alles eine Sache des Hausverstandes und der Intuition die einzelnen Teile abnehmen zu können. Die Seriennummer ist 6-stellig, die Aufkleber und Aufschriften sind mit denen der damaligen PX 10er identisch und auch die Mechanik und die Bauteile sind die gleichen, wie in den Beschreibungen, welche in alten Katalogen zu finden sind.

Bestandteile:

  • Tretkurbel: 52/42 Stronglight Competition (verbogen und gebrochen)
  • Innenlager: Stronglight Competition
  • Bremsen: Mafac Racer (ohne Original Bremsklötze)
  • Bremshebel: (nicht Original Ausstattung) Lee Chi, genaues Modell noch nicht bekannt
  • Hinterradritzel: 6-Fach Maillard Custom Schraubkranz (23-20-18-16-15-14)
  • Schaltwerk: Simplex Prestige 532 (irreparabel)
  • Umwerfer: Simplex Prestige (Klammer beim abnehmen zerbröckelt/ irreparabel)
  • Schalthebel: Unterrohrhebel von Simplex
  • Steuersatz: Stronglight Competition
  • Sattel: Kernledersattel "Ideale 80, Type - Record"
  • Lenker: Eigenbau. Aus den Überresten beim Mechaniker geholt und auf 46cm Länge gekürzt
  • Vorbau: 22mm; 25,4 mm Klemme
Ich habe all die Teilen, die nicht sowieso schon übern Berg waren, sorgfältig abgenommen und alles geputzt, geschliffen, poliert und die eine oder andere Schraube ersetzt. Ich lobe den Herrn für die Erfindung von WD-40 und Stahldrahtbürsten.
Worauf man sehr achten muss beim Ausbau der Einzelteile ist, dass man bei den Drehstellen, wie Innenlager, Steuersatz und Radnaben die Kugeln aus den Lagern nicht zu verlieren. Am Besten das Rad in, oder auf eine Kiste stellen, denn die Dinger werden sicher runter fallen! (sie rollen sonst unter alles drunter, wenn man sie nicht ordentlich auffängt). Sollte es aber doch passieren kann man damit zum Radgeschäft gehen und sich diese tollen Kugellagerringe in der richtigen Größe besorgen. Bei diesem sind die Kugeln nicht einzeln, sondern in einem Rahmen befestigt, der die einzelnen Kugeln in Position hält.

Ich möchte aber nichts vorweg nehmen: Zunächst würde ich gerne erklären, wie ich mit dem Zerlegen begonnen hab.
Ich hatte das Problem, dass die Kette beim Treten wiederholt hängen geblieben und sprungartig weitergehüpft ist, also habe ich begonnen das zu untersuchen. Nach ausgiebiger Beobachtung vermutete ich ein Problem mit dem Schraubkranz. In Folge dessen habe ich den Hinterreifen raus geholt und den Schraubkranz untersucht.  Daraufhin habe ich ihn abgenommen und einmal ordentlich geschrubbt und von jedem mir ersichtlichen Schmutz befreit.
Aus einer Laune heraus dachte ich mir dann, "Na gut, jetzt wo ich angefangen habe das Rad auseinander zu nehmen, kann ich es auch gleich ganz zerlegen und neu aufbauen." Also ran an den Speck und Teile abnehmen.

Werkzeug:

  • Schraubenzieher Kreuz/Schlitz
  • Imbusschlüssel 3-4-5-6-8 mm
  • Stecknüsse 9-10-12-13-14-15-16 mm +Aufsatzgriff
  • Zange
  • verstellbarer Maulschlüssel bis 30mm
  • 3mm Stiftschlüssel
  • 36mm Schalenschlüssel
  • Hakenschlüssel
  • 23,35 Vintage Stronglight Kurbelabzieher
  • 2 Kettenpeitschen
  • 2-Nasen-Zahnkranzabzieher
  • Kettennieter
  • Speichennippelschlüssel
  • Kabelzwicker 
Zum vergrößern einfach anklicken

In dieser Liste ist jetzt nicht unbedingt jedes Utensil, das man haben muss. Wenn man den Ausbau jedoch so schadlos wie möglich halten will, sollte man definitiv nicht auf die speziellen Werkzeuge darunter verzichten.

Mein Vorgehen:

 

Hinterer Zahnkranz

Ich habe nach der Hinterradabnahme mit den leichten Sachen angefangen und habe, um alle Teile ohne Kabelsalat entfernen zu können diese  abgezwickt und aus den jeweiligen Halterungen herausgeschraubt. Angefangen bei den Bremsgabeln habe ich mich bis zu den Schalthebeln vorgearbeitet.
Vorsicht aber! Die Kabel bestehen aus vielen kleinen, verzwirbelten Drähten, die sehr spitz sein können, wenn sie frisch abgezickt wurden. Also zieht lieber Handschuhe bei diesem Vorgang an.

Lenker

Als nächstes, nachdem ich  alle Kabel entfernt hatte, habe ich die Griffe abgenommen. Wer Gummigriffe am Lenker hat kann es sich zur Hölle machen. Die haften nämlich ordentlich am Lenker. Mein Trick dabei ist einfach das Rad seitlich hinzulegen, in einem Glas warmem Wassers Seife zu verrühren und vorsichtig mit einem Schraubenzieher zwischen Griff und Lenkstange fahren. Den Griff dann mit dem Schraubenzieher wegspreizen, wodurch eine Eingussstelle entsteht, in die man etwas Seifenwasser einträufeln lässt. Nun kann man den Griff mühelos hin und her drehen und dann problemlos abziehen. 
!!!DEN LENKER SOFORT ABTROCKNEN, NICHT EINFACH NASS LIEGEN LASSEN!!! Jetzt Bremshebel und sonstiges Zubehör, welches man am Lenker hat aufschrauben und abnehmen. Zum Schluss noch die Lenkstange vom Vorbau abnehmen, indem man die Vorbauklammer mit dem passenden Imbusschlüssel löst.

Schaltwerk

Zu dem Zeitpunkt wurde es mir zu umständlich, dass ich das Rad immer mit einer Hand in der Luft balancieren musste, da ich leider keinen Reparaturständer besitze. Deshalb habe ich als nächstes das Schaltwerk abgenommen, um den Rahmen unproblematisch am Boden abstellen zu können. Ein wunderbares Beispiel für die blühende Kreativität der Franzosen, denn anstatt dem allgemein üblichen, integrierten Schraubgewinde bei Fahrradrahmen bleibt nur ein gewindeloser Ring übrig.
Für die Abnahme ist das Gott sei Dank nicht relevant, aber zu bedenken! Wenn man das Schaltwerk ersetzen will sind die letzten Möglichkeiten Ebay oder ein Schaltwerkadapter, denn es wird keines mehr für diese Monturart hergestellt.

Kette

Die Kette habe ich der Vorsicht halber auch abgenommen. Dabei löst man mit dem Kettennieter einfach ein Glied und legt sie zur ordentlichen Verwahrung am besten in eine kleine Schachtel.

Umwerfer

Als nächstes ging es den Pedalen und dem Umwerfer an den Kragen. Die Pedale waren vor lauter altem Rost bereits an der Kurbel festgewachsen. Da haben auch keine 3 Tage WD-40 geholfen, folglich ging ich zum Umwerfer über. Dieser ist mir jedoch beim Abschrauben vollkommen zerbröckelt. Da Simplex ja die großartige Idee hatte all ihre Produkte aus Plastik herzustellen konnte auch nicht wirklich etwas anderes passieren. Er war auch schon über 40 Jahre alt.
Bei den Pedalen hat sich danach ein kleiner Fortschritt ergeben, als ich eines von der Kurbel abnehmen konnte. Das zweite blieb stur an seiner Stelle. Ein Vorteil dessen war jedoch, dass ich dadurch eine nähere Betrachtung meiner Kurbel vornahm, eine leichte Verbiegung bemerkte und sogar einen Bruch an einer der 5 Kettenblatthalterungen entdeckte.

Kurbel

In Folge meiner Entdeckung ging ich also als nächstes das Problem "Kurbel" an. Ich nahm erstmal die Verschlusskappen von den Kurbelschrauben ab und musste feststellen, dass mir die Franzosen noch ein Ei gelegt haben. Die Kurbelschraube war eine 16 mm Schraube. Keine 14mm, keine 15mm, nein, 16 mm!
Nachdem ich ewig nach einer 16mm 6-Kantnuss suchte, um meine Kurbelschrauben zu entfernen, musste ich herausfinden, dass diese Nuss zu breit für den Raum war und nicht hinein passte. Teils aus Verzweiflung und teils aus Angst davor etwas kaputt zu machen schleppte ich das halbe Rad zum Mechaniker. Dieser nahm mir die Kurbelschrauben ab und ich bat ihn auch gleich die Kurbel für mich abzuziehen. Denkste!!!
Die alten Stronglight Kurbeln haben am Gewinde für den Abzieher nicht das übliche 22mm breite Gewinde, sondern das 23,35mm breite. Der Abzieher den ich hatte griff also nicht. Da die Kurbel ohnehin schon defekt war hab ich dem Mechaniker erlaubt andere, eher unkoschere Mittel zu verwenden und er hat mit Hammer und Meißel die Kurbel demontiert.

Steuersatz

Um den Steuersatz zu entfernen hab ich mir, um Geld zu sparen, ein passendes Metalrohr geschnappt (Lenkstange) und mit leichen Schlägen die einzelnen Teile vorsichtig aus dem Rahmen und von der Gabel heruntergeklopft. Es verlief reibungslos, jedoch musste ich wirklich sehr vorsichtig dabei sein. Erstens erneut wegen der Kugellager und zweitens, weil ich den Steuersatz behalten und wieder verwenden will.



So, ich glaube das wars vorerst. Tut mir leid, dass das so lange geworden ist, aber ich hab darauf geachtet die wichtigsten Punkte zu erwähnen, die man bei diesen alten Katzenwheelies zu beachten hat. Bilder zu diesem Teil meines Blogs folgen bald.

 

Montag, 21. Mai 2012

Geschichte vom Löwen und seinen Rädern



Hallo allerseits, ich bin im Besitz einer sehr netten Antiquität, nämlich einem Peugeot PX-10 aus den 60er Jahren, das ich vollkommen restaurieren möchte. Mein Ziel hier, in diesem Blog ist es Euch meine Erfahrungen und mein erworbenes Wissen über dieses Rad näher zu bringen und vielleicht auch etwas von Euch zu erfahren. Ich bin Radbau technisch als Leihe zu bezeichnen und versuche daher sehr vorsichtig und gründlich vorzugehen, daher kann es sein, dass ich unregelmäßig meine Beiträge aktualisiere und eventuell mal einen Monat lang nichts kommt. Seid bitte gnädig mit mir und dem was ich hier schreibe.

Geschichte des Löwen:

Die Geschichte der Marke Peugeot beginnt im 18. Jahrhundert in Frankreich, in der Region von Montbeliard, dicht an der nördlichen Grenze zur Schweiz, wo Jean Pequignot Peugeot Wassermühlen produzierte. Seine Brüder Jean-Pierre und Jean-Frédéric Peugeot ergriffen im Jahr 1810 den Entschluss eine Eisengießerei zu eröffnen, da das Mühlengeschäft nicht den wirtschaftlichen Erfolg versprach, den sie sich erwarteten. sehr bald schrieb die Gießerei schwarze Zahlen, wodurch die Familie expandieren konnte und bis heute eine erfolgreiche Firma ist. Produziert wurden allerlei Metallutensilien, Küchenzubehör, Werkzeuge, Maschinen, Automobile und später natürlich auch Fahrräder (sonst würde ich das ja wohl kaum schreiben). 
 Als die offizielle Geburtsstunde des Löwen, dem bis heute noch aktuellem Markenzeichen der Firma, gilt der 20. November 1858, der von dem Montbeilarder Goldschmied Justin Blazer entworfen wurde.

Das erste Fahrrad wurde 1882 von Armand Peugeot manuell gebaut und trägt den Namen "Le Grand Bi". Zu Deutsch bedeutet das etwa "das hohe Bi", also einfach Das hohe Zweirad.
Das "Le Grand Bi"-Hochrad aus 1882
Sehr bald stieg Peugeot von den unbequemen und unpraktischen Hochrädern auf die Produktion von Rädern um, dessen Reifen die selbe Dimension hatten und somit viel angenehmer und praktikabler für den Normalverbraucher wurden. Nun fuhren Frauen, wie Männer, Kinder wie Alte auf dem Löwen durch das Land.
1889 wurde von Armand und seinem Cousin Eugène Peugeot in Paris in der Avenue de la Grande Armee Nr. 32 ein Geschäft mit dem Namen Les Fils de Peugeot Freres (= Söhne der Brüder Peugeot) eröffnet, in dem die beiden ihre Fahrradproduktionen an den Markt brachten. 1927 fusionierten die beiden Familienunternehmen der Brüder und der Söhne unter dem Banner Peugeot zu dem Produzenten, wie wir ihn heute kennen.

Die Räder:

Mit den Rädern von Peugeot gibt es ein sehr schwer wiegendes Problem. es gibt unzählige Varianten und Typen von Modellen und alle sind sich nur in kleinen Details verschieden. eine wirklich exakte Feststellung, welches Modell man nun hat kann Wochen, oder länger dauern wenn man sein Rad vorher nicht richtig untersucht, beziehungsweise die Merkmale durch Verschleiss unerkennbar wurden.
Zu aller erst ist festzuhalten, dass alle Peugeot Fahrräder über ihre gesamte Existenz hinweg, eine Seriennummer bekommen haben, die sich auf der Unterseite des Tretlagers befindet. also an dem kurzen, dicken Rohr, an dem die Tretkurbel und das Innenlager befestigt werden. Wenn man diese Seriennummer gefunden hat, dann kann man schonmal feststellen aus welcher Dekade das Rad stammt.
          1950-60er: 6 Ziffern (zB #676867)
          1970er: 7 Ziffern (zB #5437892)
          1980er: 8 Ziffern + Präfix (zB #B-38675876)
Weiters ist zu beachten, dass Peugeot ab den 70ern die Nummer auf Aluplatten gestanzt und dann am Rahmen festgenietet hat. Davor wurden sie direkt auf den Rahmen gestanzt. Die Folge dessen, dass es nun diese Aluplatten gab, war, dass bei einigen Rädern die Seriennummern verloren, abgenommen, oder einfach unleserlich wurden. Positiv jedoch ist, dass das keine Hinderung an der Eruierung des Modelltyps darstellt.
Man kann einfach nach dem Ausschluss verfahren vorgehen und gleich erkennen, dass das Rad nach 1970 die Fabrik verlassen hat. Danach muss man sich an den Aufbau, die Embleme und Schriftzüge halten, die sich auf dem Rad befinden. Ganz genau kann man vorgehen, wenn man die Zusammensetzung und die Maße des Rahmens herausfindet und damit weiter recherchiert.
Wer wirklich daran interessiert ist, welches Modell er besitzt, dem kann ich nur die Seite www.peugeotshow.com empfehlen. dort sind die ganzen Kataloge chronologisch geordnet und jedes Modell mit seinen Merkmalen aufgelistet.